· 

Kind geblieben

Was hat es nur mit dieser Überschrift auf sich? Es sind doch nicht alle Kinder? Und wie kann man nur Kind bleiben? Das Erwachsenwerden gehört doch zum Leben und ist unausweichlich.

Das mag alles sein, aber betrachtet die ganze Sache doch einmal genauer. Gehen wir zunächst auf die zweite Frage ein. Tatsächlich sind wir doch alle Kinder, unabhängig davon, ob wir vier oder vierzig Jahre alt sind, jung aussehen oder uns kindisch verhalten. Denn jede*r ist auf ewig das Kind der Eltern und auch Eltern sind die Kinder wiederum ihrer Eltern und so weiter. Außerdem sind wir doch alle Kinder der Welt, manche vielleicht auch Kinder Gottes. Kurzum, was das Wort "Kind" ausdrückt, ist doch weit mehr, als die pure Bezeichnung eines Lebensabschnitts mit zugeordnetem Alter. Im Endeffekt heißt Kind-sein, doch dass man niemals unbeaufsichtigt und ganz alleine verantwortlich für alle Geschehnisse ist. Das klingt jetzt zunächst einmal nach einer ausschließlich religiösen Auffassung, aber das ist es doch ganz und gar nicht, denn die Welt besteht aus so vielen Naturphänomenen, Zufälligkeiten oder Automatismen, dass der Mensch dem niemals Herr wird, das heißt ihr auf Lebenszeit untergeben bleibt, wie ein Kind eben seinen Eltern. Es gibt keine Möglichkeit, nicht Kind zu sein und das ist doch gar nicht mal schlecht. War nicht die Kindheit die schönste und unbeschwerteste Zeit des Lebens? Ich finde schon, schließlich war mein größtes Problem damals, dass mein Lieblingsplaymobilmännchen schon wieder seine Badelatschen in der großen Kiste verloren hat und ich sie jetzt nicht mehr finde. Jetzt muss ich mich um ganz andere Dinge kümmern: Klausuren bestehen, nicht verhungern, putzen und allen Erwartungen gerecht werden. Als Kind macht man sich keine Gedanken um Erwartungen, man folgt ihnen einfach automatisch in Form von Regeln oder bricht absichtlich mit ihnen und trägt dann die Konsequenzen. Aber Angst, den Erwartungen nicht gerecht zu werden, kannte man damals nicht. Man hat auch keine Zweck-Mittel-Ketten aufgestellt und die beste Möglichkeit abgewogen, sondern einfach ausprobiert und Erfahrungen aus der Situation gewonnen. Außerdem ist als Kind die ganze Welt voller Wunder und Abenteuer. Es gibt noch so viel Neues zu entdecken und der Alltag wirkt nicht immer gleich, es entsteht so etwas wie eine Magie im Normalen.

Wenn ich jetzt also sage, dass es keine Möglichkeit gibt, nicht Kind zu sein, dann müsste das alles doch gar nicht aufhören. Warum machen wir uns einen Kopf um Erwartungen? Und warum sehen wir nicht mehr die vielen Wunder um uns herum? Weil keine*r, die oder der die magische 18-Jahres-Grenze überschritten hat, sich noch als Kind sieht. Man ist plötzlich erwachsen und ganz weit weg von der kindlichen Unbeschwertheit und das hat sicherlich auch seine Berechtigung, wenn es darum geht, sein Leben verantwortungsvoll zu führen. Dennoch sollten wir öfter das Kind, welches immer in uns ist, wiederfinden, schließlich gibt es doch so viel über das man in der Welt staunen kann. 

Übrigens, was ich eben noch gar nicht erwähnt hatte, Kinder freuen sich auch viel öfter an kleinen Dingen als Erwachsene. Davon könnten wir uns doch auch eine Scheibe abschneiden. 

Zum heutigen Weltkindertag also mein Appell: Egal, wie alt. Egal, wie jung. Egal, wie reich. Egal, wie arm. Wir alle sind Kinder geblieben und es ist nichts dabei, auch einmal öffentlich zu diesem inneren Kind zu stehen! Denn es gibt nichts Schöneres als in so unbeschwerte, hoffnungsvolle, lebensfrohe und offene Kinderaugen zu blicken, lasst uns diese auch bei uns und unseren Mitstreitern im Leben wiederentdecken und uns immer mal wieder an den kleinen unbeschwert, kindlichen Teil in uns erinnern!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0